Weiterbildung ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Tech-Profis. Ein Großteil der Weiterbildung findet häufig nebenbei statt und wird oftmals nicht als solche wahrgenommen. Mal findet eine Einarbeitung in neue Konzepte statt, mal werden neue Frameworks getestet. Setzen sich Mitarbeiter mit neuen Problemen auseinander, wird durch deren Lösung in vielen Fällen neues Wissen erlangt.

Dazu kommt bei vielen Entwicklern der Wunsch, sich in den aktuellen Tätigkeitsfeldern über das reine Tagesgeschäft hinaus weiterentwickeln zu können. Manchmal besteht der Wunsch, das Tätigkeitsfeld perspektivisch zu wechseln. Unternehmerisch steht das Management vor der Herausforderung, den anfallenden Bedarf an operativen Tätigkeiten erfüllen zu können und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass zukünftige strategische Ziele erreicht werden können, auf die Mitarbeiter vorbereitet werden müssen.

Wir haben uns bei onOffice dazu entschieden, die Einführung aktiver Mitarbeiterentwicklung zu einem strategischen Ziel zu erklären. Auch vorher wurden Möglichkeiten zur Weiterentwicklung angeboten. Um aber unternehmensweit und über die Zeit hinweg ein gutes Niveau zu halten und zu verbessern, ist eine solche Initiative sinnvoll und notwendig. Ziel ist die Sicherung und Steigerung der Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter.

Für die Abteilung Software Development & Operation haben sich hervorragende Möglichkeiten ergeben, die bereits vorhandenen Möglichkeiten zu professionalisieren und weiter auszubauen. Meine Aufgabe war es, für diese Abteilung die fachliche Mitarbeiterentwicklung zu konzeptionieren und auszurollen.

Ein Blick in die Vergangenheit

Wir haben uns immer schon um Fortbildungsmöglichkeiten bemüht und nach internen sowie externen Möglichkeiten gesucht. Unser Fortbildungskatalog mit intern erstellten Fortbildungsinhalten ist über die Zeit auf über 130 Themen angewachsen. Die meisten Inhalte wurden durch Mitarbeiter erstellt und im Rahmen einer Präsentation vorgestellt. Neuen Kolleginnen und Kollegen wurden die wichtigsten Themen im Rahmen des Onboardings vermittelt.

Externe Schulungen wurden nur vereinzelt in Anspruch genommen. Unser Softwareprodukt ist das Ergebnis von vielen Jahren Entwicklung und baut auf eigenen Frameworks auf. Geeignete Schulungsmaßnahmen waren daher schwer zu finden. Bei allgemeinen Themen haben wir oftmals eigene Inhalte vorbereiten lassen.

Was hat gut funktioniert?

Unter den Mitarbeitern sind die internen Schulungsangebote meistens gut angekommen. Für gewöhnlich hatten diese einen Rahmen von 30 bis 90 Minuten und konnten von allen Mitarbeitern (aus den damals noch verschiedenen Entwicklungsabteilungen) innerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden.

Die Personen, die ein Thema präsentierten, haben das Thema durch die Vorbereitung vertieft, das Wissen an andere vermittelt und standen darüber hinaus als Ansprechpartner für Fragen zur Verfügung. Auch die Möglichkeit, die bereitgestellten Unterlagen nachträglich im Self-Learning zu nutzen, wurde gut genutzt.

Ein Mann und zwei Frauen sitzen vor einem Laptop

Die Herausforderungen

Die Motivation, interne Schulungen vorzubereiten, ist schwer aufrechtzuerhalten. Viele Mitarbeiter wollen fokussiert an den eigenen Aufgaben und Projekten arbeiten. Im Laufe der Zeit ging die Bereitschaft zum Erstellen und Halten von Schulungen in der Abteilung zurück. Zudem ist Softwareentwicklung eine Branche, die sich immer weiter verändert. Die eigenen Schulungsunterlagen veralten mit der Zeit. Daher ist mit größer werdendem Portfolio ein entsprechender Pflegeaufwand notwendig, um die Akzeptanz der Mitarbeiter zu erhalten. Auch hat sich die Abteilungsstruktur mit der Zeit verändert. An der Stelle von wenigen großen Teams sind jetzt acht kleinere Teams getreten. Hierdurch entstand mehr Schulungsbedarf, der sich aber an weniger Personen richtet. Die Zielgruppe und die Relevanz der Themen hat sich hierdurch verändert.

Professionalisieren des Weiterbildungsangebots

Durch eine Bewertung anhand der Erfahrungswerte hat sich die Grundlage für das Konzept gebildet. Die folgende Ausgangssituation hat sich ergeben:

Abschaffen

  • Fortbildungsinhalte sollten nicht mehr durch Mitarbeiter erstellt werden, wenn gute Inhalte extern verfügbar sind.
  • Keine Gießkannen-Schulungen mehr.

Beibehalten/Intensivieren

  • Eigene Fortbildungen für interne Themen (z.B. interne Software-Module, interne Abläufe usw.)
  • Self-Learning

Einführen

  • Zielgerichtete kurz-, mittel- und langfristige Entwicklungsangebote für einzelne Mitarbeiter und Teams.
  • Identifizieren externer Angebote zur fachlichen Entwicklung von Mitgliedern der Abteilung.

Unterstützung durch die Geschäftsführung

Unerlässlich für die erfolgreiche Einführung eines umfangreichen Weiterbildungskonzepts ist die Unterstützung durch die Geschäftsführung. Hier wurde im regelmäßigen Austausch sichergestellt, dass die Erwartungen erfüllt werden und das Ziel erreicht wird. Absehbare Kosten wurden transparent abgestimmt. Ebenso wurde den Team-Managern Freiraum für Entscheidungen eingeräumt, die bislang Aufgabe der Abteilungsleitung waren. Hierzu findet quartalsweise mit der Geschäftsführung eine Abstimmung statt. Es werden sowohl konkrete Maßnahmen, z.B. die Teilnahme an einer externen Schulung, als auch Rahmenbedingungen – wie ein zur Verfügung stehendes Zeitkontingent zur freien Verfügung für die Team-Manager – vereinbart.

Fachliches Skill-Management

Zur Einführung eines generellen Konzepts musste aber zunächst die Frage geklärt werden, wie es die Abteilung schaffen kann, Teams und Mitarbeiter zielgerichtet fortzubilden. Hierzu wurde ein Skill-Management eingeführt.

Das Skill-Management ist Aufgabe der Team-Manager und Tech-Leads, die im Einzelgespräch (1on1) mit Mitarbeitern Entwicklungsziele festlegen. Diese Entwicklungsziele werden auf der Ebene von Skills besprochen. Die Skills wiederum werden durch die Team-Manager und Tech-Leads bedarfsorientiert definiert. Jedes Team legt aus diesen Skills ein Skillprofil für das Team fest, das zur Orientierung bei der Teamentwicklung dient. Es stellt die Mindestvoraussetzung dar, die das Team erfüllen muss, um Anforderungen und Erwartungen erfüllen zu können.

Jedes Teammitglied erhält ein individuelles Skillprofil. Zu jedem Skill können Entwicklungsziele festgelegt werden, wobei jedes Ziel entweder die aktuelle Team-Performance (= operative Ziele) unterstützen oder auf strategische Ziele ausgerichtet sein soll. Anhand einer Bedarfsanalyse lässt sich der Fortbildungsbedarf ermitteln.

Der Austausch mit den Team-Mitgliedern geschieht im Rahmen der regelmäßigen 1on1s und nach Bedarf stattfindenden individuellen Gesprächen, wobei nicht jedes 1on1 die Skills zum Thema haben muss. Wichtig war hier insbesondere, dass es eine regelmäßige Möglichkeit zum Austausch gibt, um angemessen auf Situationen reagieren zu können.

Bewerten von Skills

Skills werden mit einer neutralen und positiven Skala bewertet. Es existieren die Niveaus “keine Kenntnis”, “Beginner”, “Grundlagen”, “Selbstständig”, “Experte”, “Trainer”, zusammen mit einer Beschreibung, was mit dem Niveau für Erwartungen verbunden sind. Diese Beschreibung hilft bei der Kommunikation und macht das Festlegen von Entwicklungszielen einfacher.

Nachvollziehbare Skills

Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Definition der Skills gelegt. Eine Erkenntnis der Vergangenheit ist, dass die Praxistauglichkeit und die Akzeptanz von Skills stark mit den gewählten Formulierung zusammenhängen. Wir orientieren uns für zukünftige Skills an den SMART-Kriterien (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/SMART_criteria):

  • Specific
  • Measurable
  • Achievable
  • Relevant
  • Time-bound

Hierdurch wird bereits bei der Definition der Skills berücksichtigt, dass klare und erreichbare Zielvorgaben getroffen werden können. Mehrerer solcher definierten SMART-Skills werden zu Skill-Kategorien zusammengefasst.

Individuelle Unterstützung

Das Vereinbaren von klaren, erreichbaren Zielen unterstützt Personen dabei, ihr Potenzial im Einklang mit den Firmenzielen zu entwickeln, die eigene Leistung und Zufriedenheit zu verbessern und gleichzeitig die eigene Karriere voranzutreiben. Damit die Ziele möglichst erfolgreich erreicht werden, werden unterschiedliche Maßnahmen angeboten. Die Maßnahmen berücksichtigen verschiedene Lerntypen und Wissensstände. Je nach Gebiet und Level erleichtern Lernpfade dabei die Orientierung. Diese Lernpfade enthalten eigene und externe Inhalte, um das Ziel erfolgreich zu erreichen.

Zum Beispiel nutzen wir eine Beratungsflatrate der Consulting-Agentur thePHP.cc, über die ein Austausch unter Experten erreicht wird und Vorträge besucht werden können.

Zwischenfazit

Das Konzept befindet sich im Rollout. Team-Manager und Tech-Leads führen je nach Team schon seit einigen Wochen die Einschätzung der Skills mit den Mitarbeitern durch. Erste Ziele wurden vereinbart. Die Lernplattform O’Reilly steht seit Anfang April zur Verfügung und wird von immer mehr Mitarbeitern aus der Abteilung genutzt. Wir befinden uns in einer Phase, in der das Konzept im Alltag eingesetzt wird und erstes Feedback erzeugt. Wir schauen gemeinsam mit der Abteilungs- und Team-Leitung auf die Erfolge und steuern, wenn nötig, nach.

Schon jetzt zeigt sich, dass die Anerkennung durch die Mitarbeiter vorhanden ist. Es wird wahrgenommen, dass sich die Management-Ebene sichtbar mit den Bedürfnissen der Mitarbeiter auseinandersetzt und hierzu einen Rahmen bietet.